Diplomatische Fließbandproduktion
„Der Vorsitz begrüßt die Delegierten zurück aus der Mittagspause und beginnt nun mit der Allgemeinen Debatte zum neuen Tagesordnungspunkt.“ und „Die Resolution ist damit angenommen und das Gremium wird sich in Kürze zum Abendessen begeben.“. Diese beiden Szenen aus dem Sicherheitsrat liegen nicht einen, nicht zwei Tage auseinander – sondern dreieinhalb Stunden. Zwischen Mittag- und Abendessen noch schnell eine Resolution zu einem neuen Tagesordnungspunkt verabschieden ist bemerkenswert – fast verdächtig – schnell und vor allem undenkbar für andere Gremien. Drei Resolutionen in knapp zwölf Stunden Sitzungen, während in der GV noch immer kein Abschluss in Sicht ist – was macht der Sicherheitsrat anders?
„Wir machen sehr viele informelle Sitzungen“, überlegt der Delegierte Deutschlands. Dabei könnten die Delegierten offen und ohne diplomatische Floskeln über ihre Forderungen sprechen und sich schnell auf Kompromisse einigen. Besonders im Umgang mit dem Veto-Recht der P5-Staaten erspart dieses Verfahren viel Zeit. „Wenn China sagt ‚Das kann ich nicht akzeptieren‘, dann halten wir uns damit gar nicht erst auf“, erklärt der deutsche Delegierte. So kürzen die Diplomat*innen die umständlichen Abläufe der Geschäftsordnung ab. So wurde zum Beispiel das langwierige Prozedere der Änderungsanträge für einen eingereichten Resolutionsentwurf in den letzten drei Tagen oft dadurch ersetzt, in einer informellen Sitzung an einem gemeinsamen Arbeitspapier zu feilen und Änderungen unbürokratisch per Handzeichen zu entscheiden.
Auch die geringe Größe des Gremiums trägt wohl zur Produktivität bei. Dem Zuschauer fällt unmittelbar eine kollegiale Atmosphäre auf, die zwischen den Delegierten herrscht. Wie der Vorsitz des Gremiums beobachtete, arbeiteten die Delegierten sehr konsensorientiert und kompromissbereit. Durch eine gute inhaltliche Vorbereitung, so der belgische Delegierte, würde das Gremium darüber hinaus über ausreichend Ideen verfügen, um aussagekräftige Kompromisse zu finden.
Die informelle Arbeitsweise des SR bietet zweifellos viele Vorteile für die inhaltliche Arbeit und erleichterte im Gremium die Verabschiedung von drei Resolutionen. Der Vorsitz bezweifelt, ob dieses Vorgehen auch in den anderen Gremien vorbehaltlos angenommen werden könnte. Ein wichtiges Ziel von DMUN-Konferenzen sei es auch, freies Sprechen zu üben und die Regeln der formellen Debatte. Außerdem ist ein gleiches Rederecht in der geordneten, formellen Debatte besser gewährleistet, weil sich die Delegierten sich nicht das Wort erkämpfen müssen, ein Heben des Länderschildes genügt.
Der Sicherheitsrat verhandelt zurzeit (Stand 14:00 Uhr) die letzten Änderungsanträge zur vierten Resolution und könnte noch einen vierten Beschluss verabschieden.
von Kilian Kuhlbrodt
4. Resolution ist durch (15:00), der Sicherheitsrat ist halt schon genial.
Habt ihr gut gemacht 🙂